Preisträger:innen des Wortmeldungen-Förderpreises 2019

Die Preisträger:innen des zweiten WORTMELDUNGEN-Förderpreises waren Katherina Braschel (Wien) für ihren Text ICD-10 - F63.9, Luca Manuel Kieser (Wien) für seine Kurzgeschichte Von einer, die aus Namen ein Geheimnis macht. Rumpelstilzchen? Oder: Die Höhle und Jana Krüger (Berlin/Leipzig) für ihren Text weiterweg. Die Jury vergab den mit insgesamt 15.000 Euro dotierten Preis zu gleichen Teilen an die drei Autor:innen. Geantwortet hatten sie auf Thomas Stangls Aufruf: Im Schreiben tauschen Tote und Lebende höflich die Plätze. Oder: Kann man dem Tod die kalte Schulter zeigen?

„Wie gelingt es, dem Tod die kalte Schulter zu zeigen? Die Antworten, die die diesjährigen Förderpreisträger:innen darauf geben, sind sehr lebendig, klug und durchaus unerwartet. Ihre Protagonist:innen setzen sich fabulierend über das Ende hinweg, erweisen sich als Menschenfreunde oder erkennen einfach an, dass Sterben mit dem Leben beginnt, wir jeden Tag viele Mikrotode sterben. Sie alle feiern, dass der Tod eine Schippe schwingt, von der zu springen in Sprache, Phantasie und Haltung bis zum Ende immer gelingen wird.“ (Begründung der Jury):


Katherina Braschel

"Der Text ICD-10 - F63.9 der Autorin Katherina Braschel verblüfft zunächst mit der Recherche, die ihm zugrunde liegt. Dann erstaunt er durch die Genauigkeit, mit der die Erzählerin ihren Körper beschreibt, mit der sie nachvollzieht, dass sie lebt, indem sie verfällt.

Schließlich überrascht Braschel ihre Leserinnen und Leser, indem sie alles Politische, das sich in ihrem Text verbirgt, mit der Schönheit ihrer Sprache überdeckt und so erst hervorhebt, da sie uns zu einem zweiten Lesen zwingt."

Katherina Braschel (*1992 in Salzburg) lebt und arbeitet seit 2011 in Wien. 2019 wurde sie mit dem Rauriser Förderungspreis und dem Exil-Literaturpreis für Autor*Innen mit Deutsch als Erstsprache ausgezeichnet. Seit 2015 ist sie Redaktionsmitglied des Literaturmagazins &radieschen. Sie bezeichnet sich selbst als Feministin.

ICD-10 - F63.9

Luca Kieser

"In seiner Kurzgeschichte Von einer, die aus Namen ein Geheimnis macht. Rumpelstilzchen? Oder: Die Höhle erzählt Luca Kieser ein Frauenleben von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis nahe an unsere Gegenwart heran.

Mit situativer Komik, aber einem dahinterliegenden tiefen Ernst verbindet Kieser die individuellen Brüche einer Biografie – Krankheit, Diskriminierung, Schicksalsschläge – mit dem Großen und Ganzen der Zeitgeschichte. Ein klug strukturierter und rasanter Text."

Luca Kieser (*1992 in Tübingen) studierte von 2010 bis 2014 Philosophie und Theatergeschichte in Heidelberg und Leipzig, anschließend am Institut für Sprachkunst in WienEr unterrichtet Mathematik an einer Projektschule für geflüchtete Jugendliche. 2018 war er Stipendiat der Kunststiftung Baden-Württemberg.

Von einer, die aus Namen ein Geheimnis macht. Rumpelstilzchen? Oder: Die Höhle

Jana Krüger

 

"weiterweg ist ein neugieriger, unruhiger Text, der in jedem einzelnen Satz um eine eigene Sprache – die Sprache für eine nicht einzuordnende Erfahrung – kämpft."

Wie Jana Krüger körperliches Erleben, die konkrete Erfahrung eines Ortes, der Insel Malta, und die mediale und politische Hilflosigkeit im Umgang mit dem Sterben im Mittelmeer in ihren Sätzen aufeinanderstoßen lässt, ist von einer klaren und schroffen Poesie und zeigt zugleich mehr von unserer Wirklichkeit als politische Appelle und Analysen es können."

Jana Krüger (*1990 in Aachen) lebt in Berlin und Leipzig. Sie studierte Kulturwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften in Potsdam und Berlin, leitet ein Projekt für geflüchtete Kinder und Jugendliche in Wilmersdorf und studiert Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.

weiterweg

Shortlist zum Förderpreis-Aufruf 2019: „Im Schreiben tauschen Tote und Lebende höflich die Plätze. Oder: Kann man dem Tod die kalte Schulter zeigen?“

Zehn Autor:innen wurden mit ihren Texten aus mehr als 300 Einsendungen von der Jury für die Shortlist des WORTMELDUNGEN-Förderpreises nominiert. Die Jury sagte dazu: „Wie die Shortlist-Nominierungen zeigen, wurde vielfältig auf die von Thomas Stangl formulierte Fragestellung „Im Schreiben tauschen Tote und Lebende höflich die Plätze. Oder: Kann man dem Tod die kalte Schulter zeigen?“ reagiert, sowohl in stofflicher als auch in stilistischer Hinsicht: körperlicher und psychischer Verfall, persönlicher wie auch gesellschaftlicher Umgang mit dem Tod, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Melancholie und Trauer, Schärfe und Witz. Es wurden diverse, geographisch sehr verschiedene Räume abgebildet, und für uns erfreulich war, dass das Dynamische der Fragestellung in allen Texten zum Ausdruck kam. Eine literarische Lebendigkeit, die dem Tod definitiv die kalte Schulter zeigt und die es zu entdecken gilt.“

Die Texte der Shortlist-Autor:innen sind hier veröffentlicht.

 

Lesenacht und Preisverleihung 2019

Die Lesenacht mit den Shortlist Autor:innen des Förderpreises und die Preisverleihung 2019 fanden am 23. November 2019 im frankfurtersalon statt.

Der WORTMELDUNGEN-Preisträger Thomas Stangl richtete folgende Frage an die Nachwuchsautor:innen: „Im Schreiben tauschen Tote und Lebende höflich die Plätze. Oder: Kann man dem Tod die kalte Schulter zeigen?“ und bekam von über 300 jungen Autor*innen mit ihren Texten Antwort darauf.
Auf der langen Lesenacht lasen alle zehn Autor:innen der Shortlist kurze Ausschnitte aus ihren Texten und stellten sich im Gespräch mit Florian Werner vor, der den Abend moderierte. Die drei Förderpreisgewinner:innen wurden durch Thomas Stangl und die Jury des WORTMELDUNGEN-Förderpreises ausgezeichnet.
Zwischen den Lesungen präsentierten die Absolvent*innen des Studiojahr Schauspiel thematisch passende Lieder aus ihrem Repertoire.

Texte: Katherina Braschel, Thomas Empl, Annina Haab, Luca Manuel Kieser, Jana Krüger, Nils Langhans, Rudi Nuss, Caroline Weigele, Tabea Zeltner

Gesang: Eva Bühnen, David Campling, Andreas Gießer, Katharina Kurschat, Julian Melcher, Julia Staufer und Laura Teiwes; Günter Lehr (Piano)

Moderation: Florian Werner

Einen Rückblick der Veranstaltung finden Sie hier.

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