Lea Sauer
Hinter dem Sofa lauert die Pisse im Glas
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Prolog
Aus der gesamten Literatur
und von allen Möglichkeiten der Sprache
haben mich immer die Worte interessiert,
die sich an die Toten richten.
Worte von Serhij Zhadan. Als ich sie lese, kippt die Zeit um, weil er auch vom Schnee schreibt und davon, wie die Zeit in Schlaufen verläuft, immer wieder ein Winter kommt und noch einer und noch einer. Oder nein, sie schlingert, die Zeit, wie eine Schaukel, in der das Zurückgelassensein noch mitschwingt und auch die chaotischen Bahnen, in denen die Zeit verläuft.
Das muss so ungefähr drei Monate nach der Räumung des Hauses gewesen sein. Oder auch etwas davor. So genau kann ich mich nicht mehr erinnern.
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PROLOG II
Manchmal, wenn ich durch die News scrolle, denke ich, hä, das hab ich doch gestern schon gelesen oder auch vergangenes Jahr. Manchmal fühlt es sich auch an wie ein Déjà-vu, so als hätte ich es schon einmal selbst erlebt. Dann stelle ich fest, dass nicht ich es erlebt habe, sondern mein Vater mir davon berichtet haben muss. Oder mein Großvater oder sein Vater. Oder ein Freund meines Vaters, egal, irgendjemand, der es selbst erlebt haben muss.
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Ein weiterer (unmöglicher) Prolog
Seitdem wir die vollgepinkelten Einmachgläser gefunden haben, denke ich permanent über Wörter nach. Ich denke dann an Wörter, die es nur im Deutschen gibt, Waldeinsamkeit zum Beispiel, Waldbaden oder auch Weltschmerz. Ich denke an Ausdrücke, die man so nicht stehen lassen kann, schon gar nicht niedergeschrieben in der Schrift, die selbst die halbseidensten Gedanken offenlegt auf Papier, für ein Später, ein Danach, für ein Wennwirnichtmehrsind, schwarz auf weiß. Für eine Zeit, wenn Dinge nicht mehr nachträglich ergänzt, erklärt und redigiert werden können. Ich denke an Ausdrücke wie Jedem das Seine, die sozial akzeptiertere kleine Schwester von Arbeit macht frei, und an all das, was ich im Eifer des Gefechts vergessen habe aufzuschreiben. Ich denke daran, dass ich dringend meinen Nachlass kuratieren muss. Wegen der falschen Wörter darin. Wörter, die mich als dumm entlarven, als eine, die die Dinge immer erst zu spät begreift, dann, wenn sie schon längst vergangen und nicht mehr zu verändern sind. Ich schreibe P., dass er meine Tagebücher verbrennen soll, meine Computerdaten löschen, das Handy, alles. Ich schicke ihm die Passwörter zu allen meinen Accounts, also eigentlich nur ein Passwort zu allen meinen Accounts, weil ich das Risiko liebe und ein Gewohnheitstier bin. Keine Erniedrigung wäre schlimmer, als meinen Nachlass in den falschen Händen zu wissen. Ich zwinge P. zu schwören, dass er alles verbrennt, niedermetzelt, auslöscht, nichts, aber auch wirklich gar nichts, soll später einmal an mich erinnern.
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Anfang I
Wir betreten das Haus von der falschen Tür aus, meine Mutter und ich, das heißt, von der Terrassentür aus, zu der wir uns zunächst einmal durchschlagen müssen, durch Dornenhecken, so als wäre das Haus ein Dornröschenschloss und wir die Prinzen, die unsere Angebetete aus ihrem hundertjährigen Schlaf wachküssen wollen. Doch sind es keine Rosen, sondern verwachsene Brombeersträucher, die uns die Waden blutig stechen, und wenn wir Prinzen sind, sind wir zu spät, hundert Jahre zu spät vielleicht, und eine Umkehr ist unmöglich. Im schlierigen Fensterglas zwischen den Schieferplatten zeichnen sich unsere Silhouetten ab, mit gebeugtem Rücken schleichen wir ums Haus, wie Einbrecherinnen, wie die Eindringlinge, die wir ja auch sind.
Und wie wir da so herumhuschen und einander zuflüstern, ja, hier, komm hier entlang, nein dort, sickert es mir ins Bewusstsein: Wir betreten das Haus von der falschen Tür aus, weil er, mein Vater, die Vordertür, also die richtige, nie wieder wird öffnen können.
Einen Tag zuvor hatte der Nachbar meine Mutter angerufen. Dabei haben sie jahrelang nicht mehr miteinander gesprochen, meine Eltern. Die Scheidung liegt so lange zurück, dass ich mich an keine Zeit erinnern kann, in der sie nicht getrennt waren. Der Nachbar hatte von niemandem eine Nummer, nur ihre hatte er gefunden, auf einem Post-it neben dem Telefon im Flur. Unschön, hatte der Nachbar gesagt, wäre es, das Haus. Und unschön wäre es auch gewesen, meinen Vater dort vorzufinden. Es habe mehrere Tage lang kein Licht mehr gebrannt und da sei er rübergegangen und habe nachgeschaut, was dort los sei. So habe er ihn gefunden. Er erspare uns die Details, meinte er noch, aber wir könnten uns ja vorstellen, dass –
So erzählt es meine Mutter, während sie den Türknauf umschließt, mit weißen Knöcheln, so fest. Der Satz bricht ab, weil sie schlucken muss, ich werde nie erfahren, ob der Nachbar den Satz beendet hat, oder wie. Meine Mutter und mein Vater hatten jahrelang keinen Kontakt. Ich kann ihr Schlucken nicht wirklich deuten, nicht sagen, ob es Tränen sind, die sie hinunterschluckt, oder doch ein schlechtes Gewissen. Wir haben jahrelang nicht nach ihm geschaut, waren nicht hier zu Besuch, haben seine Nummer nicht gewählt. Er zuletzt an meinem elften Geburtstag. Meine letzte Erinnerung an ihn. Seine Stimme hatte am Telefon brüchig geklungen, zum Abschied hatte er gesagt: Bis bald und dass er mich in wenigen Wochen besuchen würde.
Wie meine Mutter schlucke auch ich, während ich das hier schreibe. Habe sofort das Gefühl, auch diesen Text von der falschen Tür aus zu betreten. Als einer, der gekommen ist, um aufzuräumen, die Dinge in Ordnung zu bringen, so dass sie eine stringente Erzählung ergeben zum Beispiel, die Form eines Hauses mit Räumen mit bestimmter Funktion. Zugleich schreibe ich aus dem Blickwinkel derjenigen, die in diesem Haus nie gelebt hat und jetzt, im Nachhinein, immer nur von außen, von dem, was übrig geblieben ist, auf ein Leben blicken kann. Eine Maximalinvasion des Privaten.
Wie viel verrät das, was er hinterlassen hat, über ihn?
Wie viel kann ich von diesem Haus preisgeben, ohne ihn preiszugeben?
Ich muss zunächst die Äußerlichkeiten des Hauses beschreiben, die Fakten, die Lage. Lagebeschreibung eines Ortes, den ich selbst nie erlebt, sondern nur besuchsweise betrachtet habe, von außen. Ich kann nichts weiter, als diese Äußerlichkeiten beschreiben, mich an das Objekt klammern, um Objektivität zu schaffen, da, wo sie mir eigentlich unmöglich ist.
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Anfang II
Das Haus liegt am Waldrand, also gewissermaßen dort, wo das Ende der Felder das Ende vom Tal markiert. Der Nachbar verkauft im Winter immer Weihnachtsbäume, Fichten, aber den Rest des Jahres über hat hier niemand zu ihm Kontakt. Das ist typisch für die Männer im Ort, wie meine Mutter mir später erklärt, als wir von der Türschwelle aus in ein Chaos blicken, das selbst nach der Räumung des Hauses kaum für uns zu ordnen ist. Die Männer wohnen hier einsam in diesem Tal, wenn ihre Frauen verstorben sind, wenn ihre Frauen weggerannt sind, wenn sie gar keine hatten. Sie wohnen dann allein in den Häusern und halten sich durch die Arbeit zusammen. In den Zeitungen schreiben sie etwas von Männerüberschuss und Industriesterben in der Region. Ich schreibe hier von einem Haus, das mein Erbe ist, ein verkümmertes zwar, aber es ist das einzige Erbe, das mir bleibt.
Zuerst dieser Geruch überall. Abgestandener Zigarettenqualm, Alkohol, etwas Unbestimmtes, das sich später als Urin herausstellen wird, aber für uns zunächst nicht als solcher zu erkennen ist. Es riecht eher wie Benzin, ja, beißender Benzingeruch überall. Alle Wände wie braun lasiert vom Nikotin. Im ganzen Haus sind die Vorhänge zugezogen, Müllsäcke voller Klamotten, Papiere, Teller mit Essensresten, irgendwo muss es eine Katze geben, das Katzenklogranulat bedeckt Sofa und Tisch. Meine Mutter kippt etwas zur Seite, als sie den ersten Schritt in den Wohnraum macht. Ich kann nicht sagen, warum. Ob es ist, weil sie der Anblick schockiert oder sie stolpert. Ich stolpere über meine Hilflosigkeit in dieser Situation, beginne da schon, mich an das Objekt zu klammern, sage nichts weiter außer: Wir müssen Müllsäcke besorgen. Es ist der erste Tag von mehreren Wochen, die wir, meine Mutter und ich, in diesem Haus verbringen werden. Wir sind gekommen, um zu räumen, sagen wir den Nachbarn, bis sie nur noch nicken, wenn wir das Gartentor zum Haus öffnen.
Jeder Versuch, das Haus zu reinigen und somit gewissermaßen auch mich selbst reinzuwaschen, von dem Anblick, diesem Gefühl im Nacken, dass dieses Chaos hätte verhindert werden können, scheitert. Irgendwie benutzen wir bis zuletzt immer die falsche Tür.
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Interlude
Ich erinnere mich daran, wie er mich früher manchmal abholte, kurz nachdem er das Haus von seinen Eltern geerbt hatte. Schon damals quoll es über von Kartons, Kisten mit Klamotten. Kartons, Kisten und Klamotten allerdings, die einer Ordnung folgten. Das Haus war voll, aber nicht schmutzig. Von außen nicht ersichtlich, folgten die Gegenstände hier einer inhärenten Ordnung, wurden von einer Logik zusammengehalten. Als meine Mutter und ich uns durch die Räume wühlen, finden wir Kleidung, die noch von meiner Großmutter stammen muss, die ich selbst niemals kennengelernt habe. Schon früher hatte mein Vater den Schnäppchen der Angebotshefte schlecht widerstehen können, hatte kartonweise Joghurt gekauft, Eis, Milch. Doch in den letzten Jahren muss etwas aus dem Ruder gelaufen sein. Wie ein fanatisches Tier, kommt es mir in den Sinn, das sich einwühlt in die Dinge und darin vergräbt, muss mein Vater hier gelebt haben. Ich bekomme schwitzige Hände und hinterlasse überall Abdrücke, als wir mit den Müllsäcken ankommen, um die Schränke zu leeren. Plötzlich habe ich Angst, dass das genetisch ist, dieses Abdriften in eine andere Wirklichkeit.
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TATSÄCHLICHER ANFANG
Ich habe diesen Text begonnen, um mich ihm anzunähern, mich mit dieser Leerstelle, die meinen Vater bezeichnet, zu versöhnen, mit dem Schrecken, den Schuldgefühlen. Aber je mehr ich über diesen Tag schreibe, desto verschwommener sehe ich ihn. Mit Hinterlassenschaften, so lerne ich schnell, ist es so eine Sache: Wie einen Gegenstand, den man sich zu nah vors Gesicht hält, sieht man sie lediglich verschwommen, wie in der Ferne. Ich hatte gehofft, Schicht um Schicht freilegen zu können, von ihm, den Beweggründen, mich nicht in sein Leben zu lassen, doch jetzt scheint es mir, dass ich mit jedem Satz eine weitere Schicht anhäufe, ich hier horte, so wie auch er gehortet hat, schreibe nach dem Haufenprinzip, in überquellende Schubladen hinein. Ich muss zugeben, dass ich hier schreibe, um mich von der Realität zu entfernen und in einer Sprache zu verlieren, die ein anderer ist.
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Mittelteil
Während ich meine Hände in das braune Schmutzwasser tunke und die Scheiben wische, versuche ich zwischen den Fichten, die vor mir die Hügel hochwachsen, Klarheit zu erkennen. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Das fällt mir ein. Und dass mein Vater nie gearbeitet hat. Dass er sich immer für etwas Besseres hielt. Die Bitterkeit in der Stimme meiner Mutter fällt mir ein, die immer mitschwang, wenn sie das gesagt hat. Ich denke über die Hefte nach, die sie mir eben in die Hand gedrückt hat. Hier, du bist jetzt sein Nachlassverwalter, hatte meine Mutter gesagt. Und ich denke darüber nach, dass es eben nicht so ist. Dass nicht jede das bekommt, was sie verdient. Ich denke über das Schreiben nach und ob man davon leben kann. Nicht in einem Geldsinne, meine ich, sondern im Sinne von etwas, das einen am Leben hält, bei Verstand.
Zwischen den Schmutzstriemen der Scheibe sehe ich schemenhaft mein Gesicht. Dieselben eng stehenden Augen wie er. Meine Mutter behauptet, er habe früher schon getrunken, schon immer eigentlich, so wie sein eigener Vater, wie sein Großvater. Sie sagt, die Männer haben den Alkohol aus dem Wald mitgebracht, äh, der Front. Das wäre so ein Ding, sagt sie, dass die Männer hier trinken. Sie trinken, um zu vergessen. Sie trinken, um zu leben. Sie trinken, um wieder in den Wald gehen zu können. Um die Kraft dafür zu finden. Sie trinken, um in den Schlaf zu finden. Zu entspannen. Die Frage, ob mein Vater trinkt, habe ich mir vorher nicht gestellt, jetzt springt einem mit jedem Gegenstand die Sucht ins Gesicht. Meine Mutter sagt, er habe getrunken, weil er sonst nichts zu tun gehabt hätte.
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IN DIE MITTE
[…] Mein Vater ist nirgendwo gelistet, war niemandem bekannt. Sterbe ich, wird sein Name gänzlich vergessen sein.
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ZWISCHENZEIT
Eine Erinnerung an ihn. Staub glitzert über dem Fensterbrett, glitzert über den Kaffeetisch, glitzert sich weiter vor sein Gesicht, glitzert sich in das Schweigen hinein, und in das Schweigen hinein wage ich einen Versuch, den Versuch eines Gesprächs, taste mich vor. Zwischen kohlkajalumrandeten Augen suche ich nach einem Thema, mit dem sich das Schweigen brechen ließe, frage dann nach der Vergangenheit meines Vaters. Merke leider zu spät, wie vollkommen bescheuert das ist. Er zuckt mit den Achseln, sagt, das habe man damals eben nicht hinterfragt, den Befehl von ganz oben. Befehl zu töten, meinst du wohl, kann ich mich gerade noch zurückhalten zu sagen. Doch er sagt dann etwas ganz Ähnliches, sagt: Sie nannten es Himmelfahrtskommando, hab dann erst blinzeln müssen, so ein, zwei Sekunden, bis ich verstanden hab, dass der Himmel kein Ort für uns ist. Und dabei lacht er dieses Lachen, bei dem er die Lippen aufeinanderpresst, so als würde etwas Schlimmes aus ihm ausbrechen, wenn er den Mund öffnet.
Hinterher rechne ich nach, er war dreizehn.
Als er seinem Vater von dieser Erinnerung erzählt,
sagt dieser:
Nein, Junge, das ist mir passiert damals, das ist meine Erinnerung, meine,
ich habe das erlebt und nicht du, mein Kind.
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KATHARSIS//Mutter//
Während wir die Kisten einräumen und den Container vor dem Haus befüllen, sagt meine Mutter immer wieder, dass sie das nicht tun muss. Ich muss diesen Container nicht befüllen, weißt du, dein Vater war auch zu mir nicht nett. Sie macht mir ein schlechtes Gewissen damit, dass sie ein-, zweimal zu oft betont, dass sie das nur für mich macht, damit ich keinen Ärger damit habe. Sie redet sich richtig in Rage und ich nicke und nicke und nicke nur, sage nichts. Dann höre ich sie schreien. Als ich ins Wohnzimmer komme, zeigt sie hinters Sofa: Guck dir das an! Und als ich näher herantrete, sehe ich, was sie meint. Die Einmachgläser mit der gelben Flüssigkeit. Hinter dem Sofa lauert die Pisse im Glas.
Jetzt klingt sie bitter, als sie in meinen Rücken hinein sagt, dass mein Vater noch nie etwas hinbekommen hat, nichts im Leben, genau das sei ja sein Problem gewesen. Außerdem, sagt sie, das Problem war auch, dass er arbeitsscheu war. Hätte er gearbeitet, so wie sie auch, so wie jeder normale Mensch, dann wäre er nicht abgedriftet, dann wäre das gar nicht möglich gewesen, sich so zu verlieren, dieses Arbeitsscheue, das wäre doch das Problem. Die soziale Hängematte, die wäre das Problem, und dass sie es asozial findet, wie er sich ausgeruht hat. Asozial und unehrenhaft. Er war einfach ein Mann ohne Tugend. Sie wiederum, sie habe sich um sich gekümmert, ihr habe niemand etwas geschenkt, immer habe sie gearbeitet, anders wäre das gar nicht möglich gewesen und wer, hm, hat sich eigentlich um dich gekümmert, mein Kind?
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ENDE[1]
Ich notiere: Vielleicht hat er das gemacht, mein Vater: sich nicht der Realität verweigert, sondern der Brutalität des Alltags, dem Erbe des Krieges. Eines Krieges, der Menschen als Material und Landgewinne als Industrie begreift. Vielleicht hat er sich gegen die Unterwerfung des Körpers gestemmt und ist an der Frage zugrunde gegangen, was danach kommt. Vielleicht ist Arbeitsverweigerung im Kapitalozän immer auch Kriegsverweigerung? Und beginnt diese Verweigerung nicht schon in der Schrift, der Sprache? Indem ich mir die Sprache nicht infizieren lasse von kriegstreiberischem Fanatismus, von einer reallohnhaften Härte, die mein Lebenskonto ins Minus treibt? Sie sagt nichts davon, dass er an der Front war. Er spricht nicht darüber. Nicht über seine Taten. Wenn ich ihn frage, sagt er: Das ist schon so lange vorbei, mein Kind, warum über die alten Kamellen sprechen?
Wie auch wir jetzt hier beim Aufräumen des Hauses verrichtete er an der Front unbezahlte Arbeit, die Drecksarbeit. Sie haben ihm gesagt, dass sich sonst niemand kümmert, wenn es die Soldaten nicht tun. Sie verschleierten den Befehl als Heldenreise. Zwischen ungeöffneten Briefen vom Amt finde ich einen Wimpel, eine Auszeichnung, für die Helden des Krieges.
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SCHLUSSBETRACHTUNG
Und während ich noch darüber nachdenke, warum der Krieg nie ein weibliches Gesicht hat, kriege ich eine Nachricht von meiner Mutter auf WhatsApp, in der sie schreibt, dass jeder Text, jedes Wort auch ein Mahnmal ist, eine Warnung in die eine oder andere Richtung. Arbeit am Wort ist Aufräumen, Einordnen, Verräumen der inneren und äußeren chaotischen Zustände.
Also nein, in Wirklichkeit schreibt sie mir die folgende Frage:
Ist die Vernichtung eines Erbes Care-Arbeit für eine bessere Zukunft?
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Tatsächlicher Schluss
Quatsch,
WhatsApp/Mama/12.06.2024/15:34
Der Notar braucht noch deine Unterschrift,
um den Fehler auszumerzen, damit du das Erbe ablehnen kannst.
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[1] vielleicht auch Anfang